Sankt Ulrich, Kirchheim unter Teck

Karl Göckel 1999

Technische Daten

Seit 1876 wurden in der Kirchheimer Schlosskapelle katholische
Gottesdienste gefeiert. Ob dabei von Anfang an Orgel gespielt
wurde, ist nicht bekannt. Überliefert ist jedoch ein Protokoll aus
dem Jahr 1883, in welchem berichtet wird, dass die Orgel der
Kapelle „definitiv angekauft wird gegen bare Bezahlung von 160
Mark, nachdem der Orgelbauer (Christian Ludwig Goll aus
Kirchheim) sie gerichtet hat“.
Daraus kann man schließen, dass ein überholungsbedürftiges
Instrument in Gebrauch war. Ob diese Orgel nach dem Bau der
St. Ulrichskirche 1908 dorthin übernommen wurde, wissen wir
nicht. Doch die Disposition der ersten Orgel von St. Ulrich ist
überliefert. Orgelrevident F. J. Siller hat sie 1936 aufgeschrieben,
als das Instrument umgebaut und erweitert wurde.

C. L. Goll & Sohn 1908
Manual I Manual II Pedal 
Bourdon16′Gemshorn8′Subbass16′
Prinzipal8′Salicioinal8′Oktavbass8′
Gedeckt8′Prinzipalflöte8′  
Transm. ausBourdonTraversflöte4′(überblasend) 
Gamba8′    
Dulciana8′    
Oktave4′    

Bemerkenswert sind die Umstände der Orgelerneuerung von 1936.
In einer Aktennotiz ist zu lesen: „Die Kirchenpflege wird in keiner
Weise belastet.“ Die Kosten von 640 Reichsmark wurden gedeckt
durch eine Privatspende von Monsignore Hassl, durch freiwillige
Spenden der Gemeindeglieder und eine persönliche Zuwendung
von Dr. Walcker in Form eines sehr günstigen Angebots. Im Zuge
der damals angesagten „Aufhellung“ verschwand Bourdon 16’ aus
dem Hauptwerk.
Im Gutachten des bischöflichen Orgelbaurevidenten F. J. Siller
aus Kislegg im Allgäu ist festgehalten, in welcher Weise der
Registerbestand in der Goll Orgel umgemodelt wurde.
(Zitiert mit freundlicher Erlaubnis: Pfarrarchiv St. Ulrich D 1,2)

E. F. Walcker & Cie. 1936
Manual I Manual lI Pedal 
Prinzipal8′Rohrflöte8Subbass16′
(weicher intoniert) (neu, statt Gemshorn)   
Bourdon8′Salicioinal8′Oktavbass8′
(aus Bourdon 16’)     
Quintatön8′Prinzipal4′  
Quintatön8′Prinzipal4′  
(anstelle der engen, scharfstrichigen Gamba) (aus Prinzipalflöte 8’)   
Dulciana8′Bachflöte2′  
(Transm. aus Bourdon 8’) (neu)   
Oktav-Mixtur4′Superquinte1 ⅓‘  
(Oktave 4’ weicher intoniert – (neu)   
dazu im Diskant Aliquotstimmen)     

Der Abnahmebericht des Orgelrevidenten ergeht sich in Superlativen. Siller ist so begeistert, dass er für fast jedes Register doppelte Eigenschaftswörter erfindet.
Deshalb sei die „Würdigung des Werkes“ ungekürzt wiedergegeben.
„Die in klanglicher und liturgischer Hinsicht keineswegs genügende Orgel in der kath. Stadtpfarrkirche zu Kirchheim-Teck wurde von der Weltfirma E.F. Walcker & Cie.- Ludwigsburg mit soviel Liebe und Hingabe in solch feiner Weise klanglich umgestaltet, erneuert, modernisiert und bereichert, dass nunmehr ein Orgelwerk mit hohen klanglichen Qualitäten und vorzüglicher liturgischen Eignung entstanden ist. Den klanglichen Aufbau habe ich bereits in meinem Gutachten vom 8. Januar 1936 ausführlich gewürdigt. Es bleibt noch nachzutragen, dass es nachher gelungen ist zur Obertonbereicherung dem 2. Manual noch eine Bachflöte 2’ und eine Superquinte 1 1/3’ einzubauen. Auf diese Weise erhielten wir nun einen klanglich geschlossenen, obertonhellen Aufbau. Wie Walcker das alte Klanggut modernisierte, und mit dem neuen verschmolz, ist über alles Lob erhaben. Die Walckersche Mensurations- und Intonationskunst steht einzig und unübertroffen da. Auch bei diesem kleinen Werke hat Walcker in dieser Beziehung sein Bestes gegeben. Wir bewundern die wohlklingenden, voluminösen Prinzipale, den weichen, schmiegsamen Bourdon 8’, die buntschillernde, leuchtkräftige Quintadena 8’, die zartstreichende, schmiegsame Dulciana 8’ , die farbige, belebende Rohrfläte 8’, das silberstrichige, singende Salicional 8’, die helle, durchdringende Flöte 4’ , die alles überstrahlende, glockenhaft klar klingende Bachflöte 2’, die klangklärende, klangfärbende Superquinte 1 1/3’. Die geradezu verblüffende Mischfähigkeit dieser Einzelstimmen ermöglicht höchste Ausnützung der Klangmittel und gewährleistet dem Spieler die Herstellung der interessantesten und entzückendsten Klangkombinationen und Klangsynthesen. Sämtliche auf einheitliche und geschlossene Gesamtwirkung feinstens abgewogenen Stimmen vereinigen sich zu einem farbenfreudigen, von überraschender Frische und Helligkeit durchzogenem Plenum.“
Kisslegg i.A., den 9. Mai 1936
(Mit freundlicher Erlaubnis: Diözesanarchiv Rottenburg, Bestand G 1.3, Kirchheim/Teck 
St. Ulrich, Fasc. 5b)

Albert Reiser 1970 (Disposition Orgelsachberater Dr. Böhringer)
II HAUPTWERK I RÜCKPOSITIV PEDAL 
Prinzipal8′Gedeckt8′ xSubbass16′ x
Rohrgedeckt8′ xRohrflöte4′Oktavbass8′ x
Oktav4′Prästant2′Hohlflöte4′
Salizet4′ xTerzianscharf3-4fachTrompete8′
Larigot2-3fach x    
Mixtur4-5fach    
Dulzianfagott16′ x    
Tremulant     
RP/HW x aus der Walcker-Orgel übernommen x aus der Walcker-Orgel übernommenI/P II/P

St. Ulrich KIrchheim
Als 1987 mit Thomas Specker der erste professionelle katholische Kirchenmusiker in Kirchheim aufgezogen war, wurde schnell klar, dass die halbherzige Kompromissorgel in Sankt Ulrich keine Dauerlösung würde sein können. Mithilfe eines Orgelbauvereins gelang es dem jungen, tatendurstigen Mann, eine vorbildliche Orgel zu initiieren – in der unglaublich kurzen Zeit von 12 Jahren. Nach ihrer Einweihung anno 1999 verwies die Orgel von Karl Göckel mit einem Schlag fast alle anderen Instrumente der Region in die zweite Reihe. Im Kapitel „Pfeifenwerk“ ist die Disposition zu lesen.

Orgel St. Ulrich Kirchheim
Standort Westempore, Gehäuse Eiche, Fünf rundbogige Prospektfelder zu je 5 Pfeifen, keine Schleierbretter, italienische Anmutung. Zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnung ist der originale Metallring um den Prospekt noch abmontiert. Dekorativer Zimbelstern auf dem Mittelturm, gegenüber dem Entwurf zu hoch montiert. Insgesamt sehr harmonische Ensemblewirkung. Die abgerundeten Gehäusefelder nehmen unübersehbar die Form der Kirchenfenster auf. Diese Kongruenz weist auf eine viel tiefere Übereinstimmung hin. „Geistiges Ensemble“ wäre vielleicht ein zutreffender Begriff.
Der Klang orientiert sich ausdrücklich an der Deutschromantischen Tradition – wie ja das Kirchengebäude auch. Diese Tradition wird neu interpretiert, so wie in jeder Predigt, die an diesem Ort gehalten wird. Und eben diesen neuen Ansatz beobachten wir auch am Edelstahlgestänge des Kruzifixes hinter dem Altar. Solche geistig-religiöse Kongruenz verlangt nach einem weiteren bildnerischen Ausdruck. Kein wichtiges geistiges Phänomen steht isoliert da. Es bedarf der Vergewisserung, sonst wird es nicht mehr wahrgenommen. Der Künstler Wolfgang Znaimer, der, wie kein anderer, den Geheimnissen in Sankt Ulrich auf der Spur war, hat das intuitiv erkannt, und mit der Form des Kreises ein überzeugendes Symbol für die Zusammenhänge gefunden. In Edelstahl (auch äußerliche Übereinstimmung mit dem Kruzifix) legte er das Zeichen über den Orgelprospekt. Im Kreis scheidet sich Außen vom Innen. Aber er verbindet auch das unterscheidbar gemachte, und ist ein starkes Symbol für alles, was in einem Gotteshaus zusammenfließt – in den Wirkungsfeldern von Architektur, Religion, Ästhetik und Musik.
Wolfgang Znaimer hat das auf unnachahmliche Weise erfasst. Doch man wollte ihn nicht verstehen. Unverstanden ist er von uns gegangen. Der Orgelring ist sein Vermächtnis. Es wird eine Zeit kommen, da man seine tiefgründige Sprache dankbar verstehen wird.

Orgel St. Ulrich Kirchheim
Spieltisch vorderspielig angebaut. Manual- und Pedalumfang: C-g’’’, C-f’. Elektronischer Setzer mit 256 Kombinationen , davon 3×64 abschließbar. Spielhilfen, Tutti, Generalabsteller, Sequenzer, auch als Tritte. Normalkoppeln und II-I 16’ sowie II-II 16’, II-I mechanisch zuschaltbar. Mechanischer Schweller. Designer-Notenpult aus Eiche eingesteckt, vertikal und horizontal verstellbar, 665 mm breit, 340 mm hoch, 70 mm tief, 15° geneigt. Noten- und Manualbeleuchtung: Leuchtstoffröhre hinter Holzblende. Pedallicht in derselben Weise, und an Motorschalter gekoppelt. Schalter für Motor ein, Motor aus und Licht als Taster, zwei Steckdosen in einer
Konsole für Altarspiegel und Liedanzeiger links neben dem Spieltisch. Dirigentenspiegel über dem Spieltisch nachträglich eingebaut (abnehmbar). Spieltisch ohne Deckel, kein Firmenschild. Orgelbank: verstellbar, mit Kurbel links und Skala

Manual
Orgel St. Ulrich Kirchheim
Mechanisch, zweischenklige Klaviatur. Oktavmaß: 165 mm.
Breite Untertasten (in mm): c 23 d 22,5 e 22 f 22,9 g 22,6,a 22,8 h 22,7.
Breiteste/schmalste Untertaste: c 23 mm /e 22 mm:
Tastenfall: I 11 mm, II 11mm. Obertasten einsinken: I 2,mm, II 2 mm.
Tastendruck I 150 – 200 g, II 150 – 225 g.
Länge Untertasten: I 128 mm,  II 130 mm, Tastenköpfe 45 mm.
Länge Obertasten: 8 mm.
Abstände Obertasten: cis-dis 17,5 mm, fis-gis  16,5 mm, gis-ais 17 mm, ais-cis 31,5 mm, dis-fis 31 mm.
Vertikaler/horizontaler Manualabstand: 62 mm /123 mm.
Koppeln II-I, wahlweise elektrisch, I-P, II-P.
Alle Koppeln per Manubrium und Piston.
Abstrakten und Winkel: Holz
3 Wellenbretter, Wellen: Eisen, Ärmchen: Holz.
Tastenbelag Untertasten: Elfenbeinimitat, Obertasten: Ebenholz
Neigung der Klaviatur: I 0°, II 0°.

Pedal
Orgel St. Ulrich Kirchheim
Parallelpedal konkav und geschweift. Oktavmaß: 465 mm.
Tastenfall: 15 mm, Einsinken Obertasten: 20 mm. Tastendruck: 1700-2600.
Länge Ober- Untertasten: 603 mm, 115-119 mm.
Tastenbreite: 22 mm.
Einschub: 300 mm. Vertikale Position: 766 mm,
Horizontale Position:  c° unter a°.
Tastenbelag: Eiche massiv.

Orgel St. Ulrich Kirchheim
Elektrisch, Schleifenzugmotoren. Manubrien: gedrechselte Knöpfe aus Ebenholz. Durchnummeriert, rechts und links angeordnet in der Reihenfolge P HW HW  // 
SW SW Effektregister.
Registerstangen bis zum Schalter Holz. Runde Registerschilder aus Emaille-Imitat auf der Stirnseite der Manubrien.

Orgel St. Ulrich Kirchheim
Gebläse in gedämmtem Kasten im Nebenraum der Nordempore.
Motordaten: Aug. Laukhuff, ORGELTEILE, D 97990 Weikersheim,  9  99 cbm (m. c.) 28 Min., W.S.(Press.) 120,
Motor-Nr. 48520, H.P. 1,5, Volt 230/400, Amp. 4,5/2,6,, Tour. (Rotat.) 1400, Period. 50, Phas. 3

Schwimmerbalg mit Bleigewichten und Rollventil für SW und P im Untergehäuse, Schwimmerbalg mit
Bleigewichten und Rollventil für HW in Höhe der HW
Lade. Windkanal: Holz, Kondukten: Flexrohre.
Winddruck: 72,1 mm WS SW/Pedal, 70,7 mm WS HW

Orgel St. Ulrich Kirchheim
Schleiflade mit Schleifenzugmotoren, Pfeifenaufstellung diatonisch, HW und P von außen nach innen ansteigend. SW von innen nach außen ansteigend.

Gesamtpfeifenzahl 1904, davon 54 Holzpfeifen und 284 Zungenpfeifen.
Orgel St. Ulrich Kirchheim

HAUPTWERK I
Bourdon douce16′C-H Holz, gedeckt
Principal8′ab CIS 25 tiefe Pfeifen im Prospekt
Bourdon8′C-H Holz, gedeckt
Flauto8′C-H Holz, gedeckt, ab fis’ überblasend
Viola da Gamba8′ 
Octave4′ 
Rohrflöte4′ab cis ‚’ offen
Quinte2 ⅔’ 
Octave2’ 
Terz1 3/5’ 
Trompete8’ 
SCHWELLWERK II
Gedecktflöte8′Metall, c-H gedeckt, c°-h° offen, c’-g’’’ überblasend
Salicional8′ 
Unda maris8′ab c°, unterschwebend, oktavenrein gestimmt
Geigenprincipal4′ 
Flauto traverso4′ab c’ überblasend
Octave2′ 
Sesquialter2 fachRepetition C°, C’, c’’ e
Basson Hautboi8’ 
Trompette harmonique8’ 
Voix humaine8’c-f’ ¼ Länge , g’-g’’’ halbe Länge
PEDAL
Subbass16′Holz, Pfeifen aus der Reiserorgel von 1973 (Goll 1908)
Principalbass8′ 
Spielflöte8′konisch
Tenor4′ 
Posaune16′ 
Trompetenbass8′ 

Lange offene Labiale in allen Werken, mit Stoffbändeln an das Rasterbrett gebunden.

Stimmung:
Gleichstufig temperiert
Absolute Tonhöhe: a’ HW 439,9 Hz, SW 440,3 Hz bei 20,5° Celsius.
Relative Luftfeuchtigkeit: 43 %.  Atmosphärischer Luftdruck: 1040 hPa,
gemessen am 30.09.2014, 20:18 Uhr.

Schallpegel:
Ruhe: 28,6 dBA, Gebläse: 31,5 dBA.
Min: 52,5 dBA, Max: y 84,6 dBA.

Alleinstellungsmerkmal:
Einziger Orgelprospekt unter Teck, der von einem Gemeindeglied entworfen worden ist.

Kuckuck und Nachtigall.
Orgel St. Ulrich Kirchheim

Medien:
Teckbotenarchiv,

Schriftenreihe des Stadtarchivs
Kirchheim unter Teck, Band 36:
Ernst Leuze und Wolfgang Znaimer
Orgeln unter Teck (S. 313).

YouTube:
Ralf Sach spielt Cesar Franck (1822-1890):
Choral III a-Moll

 

keine andere Instrumente im Raum

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Lindachallee 29
73230 Kirchheim unter Teck
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Sankt Ulrich
Lindachallee 33
73230 Kirchheim unter Teck

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