Dorfkirche Ochsenwang
Gruol - Walcker - Weigle 1927
1. Teil Ochsenwang Exzentrisch!
2. Teil Ochsenwang Orgelprobe
3. Teil Ochsenwang In dei Vollen-Erleuchtung-Befreiung
4. Teil Ochsenwang Endspurt
Technische Daten
Zur Kirche gehen mussten die Ochsenwange bis 1706 den beschwerlichen Weg nach Bissingen hinunter. Dann hatte der württembergische König endlich eine eigene Kirche genehmigt.
Nach knapp hundert Jahren war sie zu klein geworden. Deshalb baute man Emporen ein an der Nord- und Ostseite. Die Kanzel, ursprünglich hinter dem Altar, kam an die Südwand. Heute noch zeugt die Jahreszahl 1803 über der Kanzeltüre von diesem Umbau. Als Johann Victor Gruol d. Ä. den Auftrag erhielt, die erste Orgel für die Ochsenwanger Kirche zu bauen, sein Opus 1, verlangte er, die dafür vorgesehene Ostempore drastisch tiefer zu setzen. Bis heute kann man darunter zwar sitzen aber nicht mehr stehen. Das Instrument bekam 6 Register auf einem Manual, doch ohne Pedal. Außer dem Gehäuse ist nur noch ein Pfeifenstock erhalten und eine einzige Pfeife. Eduard Mörike hat sich auf dieser verewigt. Sie ist heute im Mörikemuseum aufbewahrt, der Pfeifenstock in der Sakristei.
1927, kein Geld, wie schon immer in Ochsenwang, jedoch Aufbruchstimmung. Die hundert Jahre alte Gruolorgel hatte mehr Ärger hervorgerufen als Wertschätzung erworben. „Hinweis auf nie abreißende Klagen in den Pfarrberichten“ so steht es in der Festschrift „300 Jahre Kirche Ochsenwang“. Doch wie an eine bezahlbare neue Orgel kommen? Da stand in Bobenheim bei Worms eine Orgel zum Verkauf (Walcker 1875). Ochsenwang griff zu. Orgelbau Weigle besorgte die Translozierung, lieferte einen neuen Spieltisch und zwängte die großen pneumatischen Windladen in das leere Gehäuse. Dazu musste der Prospekt verbreitert werden. Weigle besorgte das so geschickt, dass es ungeübten Augen kaum auffällt. Inzwischen ist dieses Instrument auch schon gegen hundert Jahre alt, doch in gutem Zustand.
Der schnurgerade Labienverlauf über die ganze Breite des neunteiligen Prospektes hält die originalen Teile von Gruol und die von Weigle ergänzten Felder zusammen. Diese Formensprache ist typisch für die Zwanzigerjahre und passt zu den bronzierten Zinkpfeifen, die ja durchweg blind sind. Durch die Verbreiterung 1927 ist mit 5777775 Pfeifen ein beziehungsreiches Prospekt-Schema entstanden. Mit 5 mal 7 Pfeifen eingerahmt von 2 Fünferfeldern wird mehr Harmonie ausgedrückt, als wir dem aufgeblähten Orgelgesicht zugestehen wollen. Sogar die beiden Medaillons auf den hinzugefügten Feldern nehmen mit ihren fünf dunklen Streifen Bezug auf das Pfeifenschema, und stören auch nicht wesentlich das Miteinander von Rokoko und Zopfstil der vergoldeten Dekorationen. Nur der klobige Spieltisch in der Emporenbrüstung stört die Harmonie. Die Skulpturengruppe über dem Mittelturm könnte man als ungelenke Bauernkunst abtun, wenn da nicht Eduard Mörikes Verse „Zum Neuen Jahr“ wären, entstanden in Ochsenwang. Obwohl christliche Symbole an der Orgel fehlen, erkenne ich in den frommen Versen den Ochsenwanger Orgelschmuck. Allerdings geben die beiden Knaben Rätsel auf. Weder Engelchen sind es, noch Eroten, und für Putten haben sie zu individuelle Gesichtlein.
Eine ikonografische Einordnung dieses Ensembles steht noch aus.
Spieltisch: Frei stehend, Manual, Pedal.
Umfang: Manual C – f’’’, Pedal C – d’.
Spielhilfen: Drücker unter dem Manual MF F 0.
Notenpult: Nussbaum, vierteilige Fensterform in Spieltischdeckel eingesteckt.
Breite/Höhe/Tiefe/Neigung: 1015 mm, 240 mm, 55 mm, 30°.
Beleuchtung Notenpult: LED-Stableuchte Messing.
Beleuchtung Pedal: Leuchtstoffröhre am Kniebrett.
Beleuchtung Manubrien: Wie Notenpult.
Beleuchtung des Orgelinneren: Nicht vorhanden.
Beleuchtung des Prospekts: Nicht vorhanden.
Motorschalter: Kippknebelschalter im abgeschlossenen Kästchen rechts des Spieltischs.
Kontrolllicht Motor: Glimmlicht über Manual.
Steckdosen: 7x
Elektroinstallation: Overkill im Werkstattstil.
Heizung: Heizmatten unter Pedal und Sitzfläche der Orgelbank.
Schlösser: An Rolldeckel und Motorschaltkasten.
Schlüssel: Für Rolldeckel, Motorschaltkasten und Gehäusetüren.
Firmenschild: Emaille mit Druckschrift.
Orgelbank: Nicht verstellbar, Eiche, vermutlich 1927.
Manual
Pneumatisch: Oktavmaß 163 mm.
Breite Untertasten (in mm): c 21,8 d 22 e 22,1 f 23,3 g 22,4 a 22,2 h 22,2.
Tastenteilung breiteste/schmalste Untertaste: c 21,8 mm /e 22,4 mm, f 23,3 mm.
Tastenfall: I 13 mm, II 70 mm. Obertasten einsinken 0 mm:
Tastendruck: 130 – 180 g
Länge Untertasten: 126 mm, Tastenkopf 46 mm, Obertasten 70 mm.
Abstände Obertasten: cis-dis 16,3 mm, fis-gis 14,8 mm, gis-ais 14,7 mm.
Koppeln: Superoctav, Man/Ped.
Tastenbelag: Untertasten Kunststoff, Obertasten Ebenholz.
Neigung der Klaviaturen: 2° nach vorne.
Pedal
Form: Parallel, eben, Obertasten geschweift, Oktavmaß 490 mm.
Tastenfall: 15 mm, Obertasten einsinken 20 mm.
Tastendruck: 1550g
Länge Untertasten / Obertasten: 151 mm / 150 – 150 mm.
Breite Untertasten / Obertasten: 24 mm / 25 mm, Einschub 270 mm.
Vertikale Position: 770 mm unter Manual, horizontale Position: c° unter c’.
Tastenbeläge: Kirsche
Pneumatisch
Manubrien: Kipphebel für Register und Koppeln,
Anordnung in einer Reihe über dem Manual
Registernamen: Steinschrift in die Kipphebel eingraviert.
Drei verschiedenen Farben, Man rot, Ped gelb, Koppeln grün.
Spielhilfen: MF, P, 0, als Knöpfe unter Klaviatur.
Gebläse: In gedämmtem Kasten im Balghaus auf dem Dachboden über der Orgel.
Motordaten: Made in Germany by Aug. Laukhuff-Weikersheim, Ansaugluft aus dem Kirchenraum.
4 73, cbm (m.c.) 8 Min., W.S. (Press) 105, Motor-Nr. 1414, H.P., 0,45, Volt 220/380, AMP. 1,5/0,9, Tour. (Rotat.) 2800, Period 50, Phas. 3
Schwimmerbalg mit Rollventil im Balghaus
Windkanäle: Holz, Kondukten: Zinkblech lackiert.
Winddruck: 79 mm WS an der Windlade.
Pneumatische Kegellade (Walcker 1874)
Pfeifenaufstellung: diatonisch
Gesamtpfeifenzahl 297,
davon 123 Holzpfeifen.
MANUAL | ||
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Principal | 8′ | 1927 Weigle, Große Octave Holz |
Gedeckt | 8′ | 1875 Walcker Holz |
Salicional | 8′ | 1875 Walcker |
Flöte | 4′ | 1875 Walcker Holz, ab fis’ Metall |
Octav | 4′ | 1875 Walcker |
PEDAL | ||
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Subbass | 16′ | 1875 Walcker Holz |
Stimmung
Gleichstufig temperiert
Absolute Tonhöhe: a’ 434,5 Hz bei 16,4° Celsius
Relative Luftfeuchtigkeit: 75,6 %, atmosphärischer Luftdruck: 976 hPa,
gemessen am 14.10.2014, 15:42 Uhr.
Schallpegel
Ruhe: 28,3 dBA, Gebläse: 28,5 dBA.
Min. 55,5 dBA, Max 89 dBA.
Alleinstellungsmerkmale:
So klein das Instrument, so bedeutend die Alleinstellungsmerkmale!
Einzige translozierte „Gebrauchtorgel“ unter Teck.
Konglomerat von drei Stilepochen: 1806 Gruol – 1874 Walcker – 1927 Weigle.
Völlig stummer Prospekt
Mörikepfeife im Museum
Rätselhafte Figurengruppe ohne christliche Symbolik.
Medien:
Teckbotenarchiv im Stadtarchiv:
300 Jahre Kirche Ochsenwang Evangelische Kirchengemeinde Ochsenwang 2006.
Anita Rauscher:
Untersuchungen über die Orgeln des 18. und 19. Jahrhunderts im Evangelischen Dekanatsbezirk Kirchheim unter Teck.
Schriftenreihe des Stadtarchivs Kirchheim unter Teck, Band 36:
Ernst Leuze und Wolfgang Znaimer
Orgeln unter Teck (Seite 133)
YouTube:
Ralf Sach spielt Ludwig van Beethoven (1770-1827):
4 Stücke für die Orgel
Keine weiteren Instrumente im Raum
Kontakt
Adresse Pfarramt und Gemeindebüro:
Untere Straße 39
73266 Bissingen an der Teck
Tel.: 07023 6230
Mail: pfarramt.bissingen@elkw.de
Homepage Pfarramt
Adresse der Kirche:
Evangelische Kirche (Mörikekirche)
Eduard-Mörike-straße 12 – 16
73266 Ochsenwang
So finden Sie die Kirche: