Nikolauskirche Beuren
Johann Victor Gruol der Jüngere 1839 – Rensch 1979
Technische Daten
1711 erste Orgel von Orgelbauer Hartmann aus Nürtingen auf der neuerbauten Chorempore.
1834 Johann Victor Gruol der Jüngere baut in Reutlingen – Sondelfingen eine Orgel mit 11 Registern auf einem Manual und Pedal.
1839 erstellte derselbe Meister wiederum für die Chorempore der Nikolauskirche in Beuren ein Orgelwerk mit 17 Registern auf 2 Manualen und Pedal.
1904 Vergrößerung der Kirche, Einbau von Mittelempore und Seitenemporen in eklektizistischem Stil aus der Stadtkirche Bad Cannstatt, Translozierung der Orgel auf die Westempore.
1924 Neubau eines pneumatisch gesteuerten Instruments unter Verwendung der meisten bisherigen Pfeifen. Der Prospekt blieb zum Glück unangetastet.
Chororgel, Rensch 1979 als Interimsinstrument während der Rekonstruktion der Gruol-Orgel.
1979 rekonstruiert Richard Rensch die Gruol-Orgel anhand der erhaltenen Register und der Spuren im Originalgehäuse. Für das Hauptwerk orientiert er sich an den noch vorhandenen Pfeifen und am Hauptwerk der Gruol-Orgel in Bissingen an der Teck. Für Positiv und Pedal verwendet er die Windladen aus der abgängigen Gruol-Orgel von Reutlingen-Sondelfingen. Die Laden haben Platz für ein dem Hauptwerk ebenbürtiges Positiv. Die Pedallade wird so erweitert, dass der Tonumfang bis f° erweitert wird ohne die originale Substanz der Gruolschen Lade nicht anzutasten.
So wird der frühromantische Charakter des Instrumentes wieder zum Leben erweckt und die Orgel für frühere und spätere Stilbereiche ertüchtigt. Dr. Walter Supper bezeichnete die Restauration als übermuseal. Jetzt ist sie zwar keine Universalorgel, aber ein universell einsetzbares Instrument, einmalig in der Orgelwelt nicht nur unter Teck.
Die Orgel (Prospekt original 1839) steht in einem heterogenen Umfeld. In sich stimmig ist die Kirchendecke (Dolmetsch 1904). Zu wuchtig und den Raum erdrückend die Holzempore. Sie war 1844 in der Stadtkirche Bad Cannstatt eingebaut worden. 1904 Translozierung in die kleinere Nikolauskirche Beuren. Die Orgel selbst stand ursprünglich auf der Chorempore. Am heutigen Standort (seit 1904) wird sie durch die Kirchendecke beengt. Seitlich fehlen am neuen Standort die optischen Begrenzungen des Chorbogens. Man wird dem Orgelprospekt nur gerecht, wenn man ihn als Solitär betrachtet. Er steckt voller Geheimnisse. Ich zitiere aus meinem Buch „Orgeln unter Teck“: „Neunteilig wartet auch dieses Orgelgesicht mit vielfältigen Proportionen auf. 7 7 4 5 5 4 7 7 – 51 Pfeifen insgesamt. In der Mitte stehen 3×5 = 15 Pfeifen. Dieselbe Analogie mit vertauschten Ziffern findet sich in Bissingen bei den Pfeifenzahlen von Brüstungspositiv und Hauptorgel (35:53). Das zeigt, dass Gruol Junior das hoch entwickelte Zahlenbewusstsein seines Vaters übernommen hat und in einen völlig neuen Stil integrieren konnte. Sollten da nicht weitere Überraschungen zu entdecken sein? Von der Summe der Pfeifen in den beiden Außenfeldern14 + 14 die fünf Pfeifen des Mittelturms abgezogen, ergibt 23. Dieselbe Zahl bei Addition aller inneren Felder (4+5+5+5+4). Und, kaum zu glauben, nochmals dieselbe Zahl bei Addition der vier Felder seitlich des Mittelturms (7+7+4+5). Auch die Proportionen zwischen Pfeifen und Gehäuseteilen überlässt Gruol nicht dem Zufall: Fünfzehn Kreuzblumen auf dem Gehäuse entsprechen der Pfeifensumme in den drei Mittelfeldern. Die zehn Pfeiler des Gehäuses korrespondieren mit den Pfeifen in den beiden Feldern neben dem Mittelturm. Acht Konsolen stehen auf dem Gehäusekranz; das ist die Summe der Vier-Pfeifen-Felder. Die Oberkanten des Gehäuses laufen in drei Ebenen, das entspricht der Differenz zwischen Vierer- und Siebenerfeld. Mit so ausgeklügelten Proportionen können andere neunteilige Prospekte in Württemberg bei weitem nicht aufwarten.“
Spieltisch: Frei stehend, Manual I Hauptwerk, Manual II Hinterwerk, Pedal im Gehäuse.
Umfang Manuale: C – f’’’, Pedal: C – f’.
Notenpult: In Fensterform aus Buche, in Gehäusedeckel eingesteckt,
Breite/Höhe/Tiefe/Neigung: 755 mm, 312 mm, 40 mm, 30°.
Beleuchtung Notenpult: Klavierlampe auf Schreinergestell
Beleuchtung Pedal: Sofitte hinter Holzblende, mittig.
Beleuchtung Manubrien: Wie Notenpult
Beleuchtung des Orgelinneren: Leuchtstoffröhren
Beleuchtung des Prospekts: Kirchenlampen
Motorschalter: Schlüsselschalter, rechtsdrehend eindrücken, linksdrehend arretieren.
Kontrolllicht Motor: Gekoppelt an Noten- und Pedalbeleuchtung.
Steckdosen: Je 2x links und rechts an Spieltischkonsole.
Elektroinstallation: Nicht sichtbar.
Heizung: Infrarotstrahler unter der Bank, Steckerkabel.
Schlösser: An Gehäusetüren, Spieltischdeckel ohne Schloss.
Schlüssel: Schrankschlüssel für Gehäuse.
Firmenschild: An der Südseite des Orgelgehäuses, Original und Rensch 1979.
Orgelbank: Original, mit Eisenverstärkung.
Sonstiges: Fußabstellbrettchen am Kniebrett.
Manual
Mechanisch. Klaviatur: zweischenklig, Oktavmaß: 166 mm.
Breite Untertasten (in mm): c 22,9 d 22 e 22,9 f 22 g 22,6, a 22,5 h 22,6.
Tastenteilung. Breiteste/schmalste Untertaste: c, e 22,9 mm /f 22 mm.
Tastenfall: I 9 mm, II 8 mm. Obertasten einsinken: I 4 mm, II 4 mm.
Tastendruck: 220 – 300 g, II 160 – 200.
Länge Untertasten: I 122 mm, II 119 mm. Tastenköpfe: 42 mm.
Länge Obertasten I 75 mm II 74 mm
Abstände Obertasten: Cis-dis 19 mm, fis-gis 15 mm, gis-ais 16 mm, ais-cis 29,5 mm, dis-fis 29,5 mm.
Vertikaler/horizontaler Manualabstand 65 mm / 140 mm
Koppeln II-I als Zug mit Metallknopf über Obermanual I-P, II-P als Ventilkoppeln
Abstrakten und Winkel: Holz
Wellenbretter: 5
Wellen und Ärmchen: Holz
Tastenbelag: Untertasten Ebenholz, Obertasten Elfenbein.
Neigung der Klaviatur: I 2° nach vorne, II 1,5° nach vorne.
Pedal
Form: Parallel, eben, Obertasten von vorne ausgehöhlt. Oktavmaß: 51,5 mm.
Tastenfall: 15 mm, Obertasten einsinken: 16 mm.
Tastendruck: ??
Länge Untertasten / Obertasten: 600 mm / 135 mm.
Breite Untertasten / Obertasten: 28 mm / 25,8 mm. Einschub: 250 mm
Vertikale Position: 810 mm unter Manual, horizontale Position: c° unter c’.
Tastenbeläge: Tasten Eiche massiv
Mechanisch. Manubrien: Gedrechselte Ebenholzknöpfe in zwei Ebenen links und rechts der Klaviatur.
Registerstangen und -Wellen: Holz.
Registernamen: In Kunstschrift auf Papierschildchen (Vorbild Bissingen) über den Zügen.
Registernummern: Barbarisch mit Kugelschreiber in Schildchen gerammt.
Koppel: I-Ped als Zug, II-I Metallzug über Man. II, (wie in Bissingen).
Gebläse: Im gedämmten Kasten hinter der Orgel.
Motordaten: Made in Germany by Aug. Laukhuff-Weikersheim,
11 78, cbm (m.c.) 13 Min., W.S. (Press) 120, Motor-Nr. 28129, H.P., 0,76, Volt 220/380, AMP. 3,5/2,0, Tour. (Rotat.) 1400, Period 50, Phas 3
2 Faltenbälge mit Treteinrichtung, Stoßbälge mit Holzfeder an HW- und Pedallade.
Windkanäle: Holz, Kondukten: Flexrohr.
Kanaltremulant, Zug am Gehäuse.
Winddruck: II 57,5 mm WS an der Lade.
I 55,9 mm WS an der Lade.
Ped. 57,2 mm WS an der Lade.
Schleiflade, Schwanzventile.
Gesamtpfeifenzahl: 1579,
davon 355 Holzpfeifen und 30 Zungenpfeifen
HAUPTWERK I C – f‘‘‘ | |||
---|---|---|---|
Bourdon | 16′ | Rensch 1979 | Holz, ab c°, g’’-c’’’ Metall |
Prinzipal | 8′ | Gruol? 1839 | C-e’’ Prospekt Rensch 1979 |
Lieblich Principal | 8′ | Gruol 1839 | Holz, Oberlabien teilweise aus Pappe |
Coppel | 8′ | Gruol 1839 | Holz, gedeckt |
Viola da Gamba | 8′ | Link 1922 | Portunalbärte, Dis-c° Prospekt 1979 Rensch |
Quintflöte | 5 1/3′ | Rensch 1979 | Metall Rollenbärte |
Octave | 4′ | Rensch 1979 | Metall |
Traversflöte | 4′ | Walcker 1944 | Holz rechteckig |
Octave | 2′ | Rensch 1979 | Metall |
Terz | 1 3/5′ | Rensch 1979 | Metall |
Mixtur IV | 2′ | Rensch 1979 | Metall Repetition c c‘ c‘‘ |
HINTERWERK II C – f‘‘‘‘ | |||
---|---|---|---|
Coppel | 8′ | Weigle 1950 | Metall |
Salicional | 8′ | Gruol 1839 | C-E Holz, bis h’ Kastenbärte |
Harmonika | 8′ | Rensch 1979 | Holz |
Principal | 4′ | Rensch 1979 | Metall |
Dolce | 4′ | Gruol 1839 | Metall |
Gedackt | 4′ | Gruol 1839 | C-c° Holz, f’’-c’’’ offen |
Cornett II | 2 2/3’+1 3/5’ | Rensch 1979 | Metall |
Octave | 2’ | Gruol 1839 | Metall |
Mixtur III-IV | 2’ | 1 1/3’ Rensch 1979 | Repetition g g’ g’’ |
PEDAL C – f’ | |||
---|---|---|---|
Subbass | 16′ | Gruol, cis° 1834 | aus Sondelfingen, Holz |
Violonbass | 16′ | Gruol, 1839 | Holz |
Oktavbass | 8′ | Gruol, 1834 | aus Sondelfingen, Holz |
Oktave | 4′ | Rensch 1979 | Metall |
Mixtur II-III | 2 2/3′ | Rensch 1979 | Metall |
Posaune | 16′ | Rensch 1979 | Holzbecher |
Stimmung
Kirnberger II
Absolute Tonhöhe: a’ 443 Hz bei 17,8° Celsius.
Relative Luftfeuchtigkeit 70,9 %, atmosphärischer Luftdruck 1003 hPa auf NN,
gemessen am 16.10.2014, 16:00 Uhr.
Schallpegel:
Ruhe 28,9 dBA, Gebläse 31,5 dBA.
Min. 50,3 dBA,
Max. 83,7 dBA.
Alleinstellungsmerkmale:
Einzige Weigle-Orgel unter Teck,
Deutsche Registerkombinationen,
Elektropneumatische Traktur
Medien:
Rekonstruktion mit Originalwindladen von Gruol jr. aus zwei Orgeln.
Universell einsetzbare Orgel im Stil von Johann Victor Gruol Vater und Sohn.
Festschrift zur Orgeleinweihung 9./10. Juni 1979, Teckbotenarchiv
Schriftenreihe des Stadtarchivs Kirchheim unter Teck, Band 36:
Ernst Leuze und Wolfgang Znaimer
Orgeln unter Teck (Seite 321)
Website Klaus Rensch
Chororgel, Rensch 1979
Kontakt
Adresse Pfarramt und Gemeindebüro
Linsenhofer Straße
72660 Beuren
Tel.: 07025-2145
E-Mail: pfarramt.beuren@elkw.de
Homepage Pfarramt
Adresse der Kirche:
Linsenhofer Straße 3
72660 Beuren
So finden Sie die Kirche: